Anders Eliassons musikalisches Material – Versuch einer Sichtung

Von Norbert Florian Schuck

 

What I do believe to be fundamentally wrong is every attitude towards Classical masterpieces that does not make them a stimulus instead of an oppression.

(Was ich tatsächlich für fundamental falsch halte, ist jede Haltung gegenüber klassischen Meisterwerken, die aus ihnen nicht eine Anregung macht, sondern eine Last.) – D. F. Tovey, Stimulus and the Classics of Music (1914)

Camino entre tinieblas. Pero me guía el olor de la retama.

(Ich wandle in der Finsternis. Doch mich leitet der Duft des Ginsters.) – Nicolás Gómez Dávila

 

Wer versucht, Anders Eliassons Musik analytisch zu erfassen, sieht sich unmittelbar der Problematik ausgesetzt, die richtigen Worte zu wählen, um die ihm begegnenden musikalischen Phänomene beschreiben zu können. Inwiefern kann man sagen, Eliassons Werke stünden in bestimmten Tonarten? Wann hat man bei ihm eine „Tonika“, wann eine „Dominante“ vor sich? Welche Namen könnte man bestimmten Zusammenklängen geben? Wie heißt der Akkord, mit dem die Erste Symphonie schließt, oder der, der im zweiten Takt von Ostacoli erscheint? Eliasson hat sich deutlich genug gegen die Akademiker ausgesprochen, die der Realität mit vorgefertigten Beschreibungen zu Leibe rücken, und nicht minder groß war seine Abneigung gegen die modische Produktion immer neuer „Ismen“.[1] Dies nehme sich zu Herzen, wer sich ihm als Theoretiker zu nähern versucht!

Eliasson hat die Musik aufgeschrieben, die er in sich klingen hörte. Richtig war ihm das, was ihm sein Instinkt als richtig gelten ließ, sowohl in Harmonik und Stimmführung, als auch in der Formung des musikalischen Verlaufs. „Es muss in Ihnen komponieren“, hatte einst Heinrich Kaminski einem seiner Schüler ins Gewissen geredet.[2] Eliasson, daran besteht anhand seiner eigenen Aussagen kein Zweifel, hat „es“ in sich komponieren lassen, ist „nur noch dem Werden und Wachsen der Musik“[3] gefolgt. Kann man von einem schöpferischen Musiker, der in einem „ganz objektiven Prozess“[4] dem „vegetativ Organischen[5]“ der Musik lauscht, die in ihm dazu drängt, konkrete Gestalt zu werden; der dabei stets bemüht ist, seine „Finger heraus zu halten“[6], sodass nicht er es ist, der zu einem Ende kommt, sondern „die Musik selbst“[7] – kann man von einem solchen Künstler erwarten, dass er nach der Vollendung dessen, was er hat wachsen lassen, dem Gewordenen mit dem Harmonielehrbuch zu Leibe rückt, um nachzusehen, ob es vielleicht in eines der dort beschriebenen Schemata passe? Eliasson hat es abgelehnt, im Bezug auf sein Komponieren von einem „System“ zu sprechen. Höchstens sei es ein „System, das kein System ist“, „kein System sein darf“.[8]

Dass das Wort ihm ungeeignet zur Charakterisierung seines Schaffens erschien, verwundert nicht, suggeriert es doch ein bereits vorhandenes Gedankengebäude (es muss nicht zwangsläufig aus tragfähigem Material errichtet sein), in dem sich der Künstler behaglich eingerichtet hat, und das zu verlassen er deshalb nicht den Drang spürt. Der „Respekt vor dem Unbekannten, Unerwarteten“ aber gehört zur Idee des organischen Wachsens, wie sie Eliassons Denken prägt, untrennbar dazu. Die Abneigung gegen unangebrachte Versuche der Systematisierung hat Eliasson freilich nicht daran gehindert, Reflexionen über die stilistischen Mittel seiner Musik anzustellen und zu versuchen, die klingenden Phänomene zu erklären. Sie sollen im Folgenden als Ausgangspunkte weiterer Überlegungen zur Annäherung an Eliassons Musik dienen, wohl eingedenk, dass sie auch für den Komponisten keine Formeln, sondern Andeutungen, Denkanstöße gewesen sind. Zuallererst ist zu beachten, dass Eliasson nicht versuchte, der Tonalität auszuweichen. Dass eine Musik auch dann immer noch auf ein tonales Fundament bezogen ist, wenn sie sich „weit, extrem weit“[9] davon entfernt hat, stand für ihn außer Frage. Musik braucht „Harmonien, also verschiedene Räume“[10], zwischen denen sie sich bewegen kann. Es empfiehlt sich, an dieser Stelle eine Überlegung Heinz Tiessens einzuschalten:

Vielleicht gelingt es einmal einem Wissenschaftler, das alte System der begrenzenden Auswahl verwandter Zusammenklänge umzuwandeln in ein umfassendes, auf unbegrenzte Gültigkeit bedachtes. Ausgangspunkt kann einzig die naturgegebene Grundlage der Naturtöne sein und bleiben, die wir so wenig leugnen oder ignorieren können wie der Maler die elementaren Gegebenheiten von Sonnenspektrum, Licht, Farbe. Von diesem Zentrum aus müssten im Fortschreiten zur Peripherie hin (die im Unendlichen liegt: Vierteltöne, Zwölfteltöne usw. mögen dies andeuten!) allmählich alle, auch die atonalsten Tonverbindungen als entferntere Ausstrahlungen, restlos erfassbar werden; es dürfte grundsätzlich keine Möglichkeit ausgesperrt bleiben: Der Aufenthalt des atonalen Komponisten an der äußersten Peripherie müsste in einem grundlegenden Tonsystem, das nicht Auslese als Stilabstraktion, sondern Kosmos sein will, ebenso enthalten sein wie das Verharren des Volksgesangs im Zentrum.[11]

Das Wort „atonal“ erscheint in diesem Zusammenhang freilich unglücklich gewählt, läuft Tiessens Gedanke doch darauf hinaus, dass letztlich alle harmonischen Gebilde auf tonale Spannungsverhältnisse zurückzuführen sind – in seinen eigenen Worten: „Alle Formungsarten sind als geistige Funktionsmöglichkeiten zugleich verschiedene Abwandlungen des Steigens und Fallens.“[12] Unter diesem Gesichtspunkt mag man auch Eliassons Musik betrachten. Bekanntlich hat Eliasson zur Beschreibung seiner Harmonik das Wort „triangulatorisch“[13] geprägt und die Beziehungen der einzelnen Töne zueinander durch eine Skizze verdeutlicht, die aus mehreren ineinander verschachtelten Dreiecken besteht[14]:

Eliasson Dreiecke.PNG

Warum hat Eliasson diese Dreiecke gezeichnet? Verweilen wir zunächst bei der Skizze, im Wissen, dass die tatsächlich komponierte Musik zu ihr in einem ähnlichen Verhältnis steht wie Wagners „Tristan“ zum Quintenzirkel. Ein Quintenzirkel ist freilich auch sie, nur hat Eliasson ihn umgruppiert. Die Quintenfolgen bilden bei ihm keinen Kreis, sondern eine Serie von Dreiecken. Während der Kreis optisch verdeutlicht, dass die Beziehungen zwischen den Tönen umso enger sind, je näher sie auf der Kreisbahn beieinander stehen, so wird dieses Muster in Eliassons Dreiecksskizze von einem weiteren überlagert, das enge Beziehungen zwischen den Tönen andeutet, die sich an einander entsprechenden Kanten der Dreiecke befinden. Fasst man diese Töne zusammen, so ergeben sich drei Gruppen von aufeinander folgenden kleinen Terzen:

c – es – fis – a

cis – e – g – b

d – f – as – h

Es handelt sich um die drei möglichen Tonvorräte der verminderten Septakkorde bzw., linear betrachtet, um die drei möglichen Erscheinungsformen der, wie Christoph Schlüren hervorgehoben hat, neben der Ganztonleiter einzig möglichen atonalen Skala des Zwölftönesystems.[15] (Um einem möglichen Fehlschluss sofort entgegenzutreten, muss angemerkt werden, dass Eliasson nicht in der Art eines Bastlers papierener Theorien ein Gegenmodell zum Quintenzirkel skizziert, sondern dem Quintenzirkel lediglich eine andere Gestalt gegeben hat. Dass Tonalität durch die Quinte gestiftet wird, geht aus der Dreiecksskizze ebenso hervor wie aus dem gewohnten Kreis. Eliasson vertritt nicht die falsche Annahme, sie könnte auch auf Terzen basieren!) Was also zeigt die Skizze? Sie zeigt, wie der Quintenzirkel, die Grundtöne von Tonleitern. Der durch die Position in den Dreiecken angedeutete Bezug ergibt sich dadurch, dass sich auf jedem Ton einer der drei Gruppen eine achtstufige Tonleiter errichten lässt, die auch die drei anderen Töne der jeweiligen Gruppe umfasst, und die denselben Vorrat an Tönen enthält wie die analog über den übrigen drei Tönen errichteten Tonleitern. Jede dieser Tonleitern besteht aus gleichmäßig abwechselnden Halbton- und Ganztonschritten. Auch eine Bildung aus Ganzton- und Halbtonschritten wäre theoretisch möglich, doch stabile Tonleitern entstehen nur, wenn auf den Halbton- der Ganztonschritt folgt, denn nur dann enthält die Tonleiter eine Quinte über dem Grundton. Damit wäre die Voraussetzung geschaffen, sie nach der Definition von John Foulds als Modi zu betrachten:

Modi existieren aufgrund der Beziehung ihrer einzelnen Töne zu einer Tonika und in nur wenig geringerem Grade zu einer Dominante. Wird die letztere ausgelassen oder alteriert (durch Erniedrigung oder Erhöhung), löst sich der Modus als solcher vollständig auf.[16]

Während es im normalen Quintenzirkel zwölf (Dur-)Tonleitern gibt, die allesamt unterschiedliche Vorräte an Tönen besitzen, ermöglicht der Dreieckszyklus zwar ebenfalls zwölf Tonleitern, aber nur drei verschiedene Tonvorräte, die sich folgendermaßen darstellen:

Halbton-Ganztonleitern.PNG

Die Töne im Notenbeispiel sind nicht als Akkorde zu lesen, sondern nur als Linien. In dieser Darstellung wird jedoch der Quintabstand der Tonleitern voneinander deutlich. Den Quintenzirkel erhält man, wenn man die Töne eines Taktes, von oben nach unten gelesen, aneinanderfügt und auf diese Weise zwei Takte weiter fortfährt. In jedem ungeraden Takt des Beispiels beginnt eine Tonleiter, jede enthält acht Töne. Diese Tonleitern enthalten eine kleine, phrygisch anmutende Sekunde über dem Grundton, kleine und große Terz (bzw. erhöhte Sekunde und erniedrigte Quarte), eine erhöhte Quarte und eine kleine Septime. Es fällt auf, dass ihr Vorrat an Tönen keine Möglichkeit bietet, mittels melodischer oder harmonischer Kombination eine unzweifelhafte funktionale Dominantharmonie (Ober- oder Unterdominante) zu erzeugen. Nimmt man beispielsweise als Grundton D, so enthält die Tonleiter zwar den Grundton der Dominante, A, aber nicht den Leitton Cis, und die Dominantquinte lediglich in erniedrigter Form als Es. Der Grundton der Subdominante, G, fehlt ganz. In den Skalen mischen sich Moll- und Dur-Elemente. Je nach Verwendung der Töne kann das eine oder das andere betont werden, in jedem Fall ist Dur oder Moll alteriert (der Dur-Charakter entsteht vor allem, wenn man die kleine Sekunde über dem Grundton fortlässt). Sowohl die Assoziation zu Dur und Moll gleichzeitig, als auch die Zusammensetzung aus der immer gleichen Konstellation der Tonschritte, lässt die Tonleitern in sich spannungsvoll erscheinen und nimmt ihnen einen Teil ihrer Stabilität. Setzt man eine Durtonleiter durch die Oktaven fort, so bleibt sie doch immer auf ein und denselben Grundton bezogen. Die Halbton-Ganztonleitern, auf dieselbe Weise fortgesetzt, können sich irgendwann auf einem von vier verschiedenen Tönen niederlassen, da ihre Struktur sie nicht zwangsläufig auf einen einzelnen Ton hin zentriert. Diese vier Töne sind die Töne einer der drei Gruppen, die sich aus Eliassons Skizze ergeben. So existieren im Dreieckszyklus zwar zwölf verschiedene Tonleitern, aber jede Tonleiter trägt in sich drei Töne, die ohne aufwändige Prozeduren ebenfalls Grundton werden können, während man in einer Durtonleiter einen oder mehrere Töne verändern muss, um auf ein neues tonales Fundament zu gelangen. Die Stabilität der Halbton-Ganztonleitern ist keine vollkommene wie in der Durtonleiter, sondern eine relative. Keiner der möglichen Grundtöne ist in seiner Funktion so gefestigt wie der Grundton einer Durtonleiter. Wenn sich nun die Frage erhebt, wie diese Beobachtungen in Bezug zum tatsächlich Komponierten zu bringen sind, so muss zunächst festgestellt werden, dass Eliasson diese Tonleitern nicht als Modi behandelt. Es sind Tonvorräte, aus denen sich Harmonien bilden lassen. Auch kann auf eine Harmonie, die Töne des einen Vorrats enthält, sofort eine weitere folgen, die sich aus einem anderen Vorrat speist, wie auch in der gewöhnlichen funktionsharmonischen Musik ein Dur- oder Mollakkord einem anderen folgen kann. Folgende Seite aus Eliassons Ostacoli zeigt exemplarisch einen solchen Wechsel der Tonvorräte:

Eliasson Ostacoli Beispiel.PNG

Man bemerke, dass sich am Ende von Takt 282 kurzzeitig zwei Tonvorräte überlappen, wenn sich der Zusammenklang E–C–D bildet, der sich von keiner der Halbton-Ganzton-Skalen herleiten lässt. Eliasson hält die Tonvorräte also nicht schematisch auseinander. Ihr Überlappen ergibt wiederum neue Möglichkeiten der Harmoniebildung. Ein Zusammenklang, der sich nicht aus den Tonvorräten der Halbton-Ganzton-Skalen speist, ist die „runde“ Harmonie. Eliasson hat ihr „eckige“ gegenübergestellt.[17]

Eliasson rund eckig 1.PNGEliasson rund eckig 2.PNG

Das Beispiel links zeigt die Harmonien als Akkorde, dasjenige rechts gibt sie in Bewegung: Wie unschwer zu erkennen, besteht der „runde“ Akkord aus übereinander geschichteten Quinten. Er ist sozusagen direkt aus dem Quintenzirkel erzeugt, ohne dass dessen triangulatorische Variante ins Spiel hätte kommen müssen. Anders verhält es sich mit den „eckigen“ Harmonien. In beiden Beispielen sind sie aus Tönen der Halbton-Ganzton-Skalen zusammengesetzt. Gewissermaßen stehen die „runden“ und die „eckigen“ Harmonien für die beiden Modelle der Anordnung von Quinten.

Zum Schluss sei noch ein Blick auf den Anfang von Ostacoli geworfen. Hier zeigt sich in wenigen Takten, wie viel reicher die kompositorische Praxis ist als die gerade angestellten theoretischen Überlegungen. Wenn man mit dem hier verwendeten Begriff „Tonvorrat“ arbeiten möchte, so behalte man stets in Erinnerung, dass die Halbton-Ganzton-Skalen tonale Spannungen in sich tragen und ständig Assoziationen mit Dur (bei Eliasson seltener) oder Moll (häufiger) wachrufen. Tonfolgen und Akkorde, die aus ihnen gebildet werden, sind, was sie sind, aufgrund der tonalen Verhältnisse innerhalb ihrer selbst und zu ihrer Umgebung. So lassen sich die ersten Töne von Ostacoli problemlos im Kontext von g-Moll verorten:

Eliasson Ostacoli 1.PNG

Die rein melodische Fortsetzung ist mittels „Tonvorrat“ erklärbar, aber wichtiger ist, dass sie kurzzeitig nach h-Moll abschweift, bevor die erste Harmonie des Stückes ein weiteres tonales Zentrum hervortreten lässt:

Eliasson Ostacoli 2.PNG

Die Akkorde sind unzweifelhaft „eckig“, der erste enthält nur Töne der Halbton-Ganzton-Skala. Der zweite und dritte dagegen schaffen durch Hinzunahme des E eine Konstellation, die, wie eine „runde“ Harmonie, aus der Halbton-Ganzton-Skala nicht direkt hergeleitet werden kann. An diesem Beispiel zeigt sich, dass es nicht damit getan ist, Töne zu benennen und mit einer Tabelle abzugleichen. Um die Harmonie erklären zu können, muss man ihre tonale Beschaffenheit untersuchen. Man höre ihr also zu und frage sich, was man hört! Die Ohren des Autors vorliegender Zeilen verorten den ersten Akkord eindeutig im Bereich von c-Moll als gleichzeitig erklingende Töne der Grundharmonie (Es) und ihrer Dominante (F, H, D). Sowohl C als auch G erklingen nicht, auch sind die Töne dergestalt angeordnet, dass eine Auflösung des dissonanten Akkordes zur Grundstellung des c-Moll-Dreiklangs nicht über einen Quintsprung oder Sekundschritt im Bass möglich wäre. Beides trägt wesentlich zum „schwebenden“ Charakter der Harmonie bei. Der folgende Akkord intensiviert den Dissonanzgrad des vorigen durch Hinzufügung des E eine None über dem liegen bleibenden Basston Es. Das H wird durch ein As ersetzt. Welche Wirkung ergibt sich im Bezug auf den vorangegangenen Klang? Grundsätzlich ändert sich an der Zentrierung auf c-Moll nichts. Der Sprung H → As festigt den Bezug, denn auf den Leitton zum angedeuteten Grundton (C) folgt dadurch der Gleitton zum angedeuteten Quintton (G). Mit F, As und D wird der Dominantbereich von C weiterhin durch drei Töne repräsentiert. Welche Rolle aber spielt das E? Über F und As stehend, ließe es sich als Leitton zu f-Moll deuten, womit in dem Akkord die Subdominante der Grundharmonie c-Moll angedeutet erschiene. Aber im Bass steht Es, das darum stärker auf das E einwirkt. Somit wäre das E als Fes zu lesen, als nach unten strebender Vorhaltston, dessen Dissonanzspannung sich im Es auflösen würde – dies aber im Kontext von c-Moll. Hier kommen auf Umwegen die Halbton-Ganzton-Skalen wieder ins Spiel, denn diejenige Tonleiter, die c-Moll ähnlich sieht, d.h. mit C beginnt und G enthält, enthält auch ein E bzw. Fes. Der zweite Akkord des obigen Beispiels wäre somit erklärbar als zustande gekommen durch eine Mischung aus den Dissonanzverhältnissen des gewöhnlichen c-Moll mit denen des alterierten c-Moll aus dem triangulatorischen Zyklus.[18]

Letzten Endes führen sich die Harmonien auf einfache Grundverhältnisse zurück. Sie haben eine deutliche tonale Ausrichtung und dennoch sind sie von gewöhnlichen funktionsharmonischen Akkorden verschieden genug, um nicht den Eindruck von Klängen zu erwecken, denen man ihr „Unbedingt-Kadenzieren-Müssen“ sofort anhört. Eliasson hält die Musik in der Schwebe und in Bewegung, indem er fortwährend tonale Schwerpunkte ins Spiel bringt, und diese in rascher Folge einander abwechseln lässt, ohne dass tatsächlich eine Tonart als solche gefestigt würde. Seine Musik ist ein stetes Wechselspiel tonaler Gravitation.

[1] Anders Eliasson, … provided that the norm is humanism. In: Finnish Music Quarterly 2/1991, 35.

[2] Walter Abegg und Erich Doflein, Heinrich Kaminski als Lehrer. In: Heinrich Kaminski (= Komponisten in Bayern 11), hrsg. von Alexander L. Suder, 83-86, hier: 86.

[3] Peter Kislinger, Anders Eliasson. In: CD booklet (Double Concerto. Sinfonia per archi [Ulf Wallin, violin; Roland Pöntinen, piano, Swedish Radio Symphony Orchestra, Johannes Gustavsson, cond.]), cpo 2008, 5.

[4] Ebd.

[5] Ebd.

[6] Ebd.

[7] Ebd.

[8] Kislinger, CD-Begleittext (wie Anm. 3), 6.

[9] Kislinger, CD-Begleittext (wie Anm.3), 6.

[10] Kislinger, CD-Begleittext (wie Anm.3), 7.

[11] Heinz Tiessen, Zur Geschichte der jüngsten Musik (1913-1928). Probleme und Entwicklungen, Mainz 1928, 14.

[12] a. a. O., 11.

[13] Kislinger, CD-Begleittext (wie Anm. 3), 7.

[14] Eine Abbildung dieser Skizze und der weiteren im vorliegenden Text gezeigten Skizzen Eliassons wurden dem Autor freundlicherweise von Peter Kislinger und Christoph Schlüren zur Verfügung gestellt.

[15] Christoph Schlüren: Symphonische Formung in freitonaler Linearität. Eduard Erdmann und Heinz Tiessen. In: Eduard Erdmann (= Archive zur Musik des 20. und 21. Jahrhunderts 15), hrsg. von Werner Grünzweig und Gerhard Gensch, Neumünster 2018, 13-38, hier: 14.

[16] John Foulds, Music To-Day: Its Heritage from the Past, and Legacy to the Future (Opus 92), Binsted 2010, 48f [= “Facsimile reprint: first published 1934.”] (Übersetzung vom Autor.)

[17] Kislinger: CD-Begleittext (wie Anm.3), 6.

[18] Noch einmal sei angemerkt, dass hiermit nicht behauptet werden soll, Eliasson habe seine Harmonien nach vorgefassten Modellen zusammengebastelt. Wenn hier versucht wird, unterschiedliche Ebenen in der Harmonik des Komponisten voneinander abzuheben, so nur, um die Vielgestaltigkeit der Eliassonschen Erfindung zu verdeutlichen.